Quietsch-Rohrblatt und brummende Tuba

Main-Echo | MELANIE POLLINGER

ASCHAFFENBURG. Klassik ja, Langeweile nein: Dafür hat Moderatorin Deborah Einspieler beim Schülerkonzert des Philharmonischen Vereins Aschaffenburg am Freitag in der Stadthalle gesorgt. 2000 Kinder und Jugendliche aus zwölf Schulen in Aschaffenburg und sieben Schulen im Landkreis lernten die Komposition »Orchesterführer für junge Menschen ab acht Jahren« von Benjamin Britten auf unterhaltsame Weise kennen.

Veranstalter des pädagogisch aufbereiteten Konzerts war der Philharmonische Verein Aschaffenburg. Von den 30.000 Euro Kosten übernahm der Verein laut Vorsitzendem Carsten Schumacher 10.000 Euro. Die beiden anderen Drittel kamen zu gleichen Teilen durch Crowdfunding und eine Spende der Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg herein. Außerdem, so Schumacher, beteiligte sich der Landkreis Aschaffenburg mit einem mittleren vierstelligen Betrag.

Das Orchester des Philharmonischen Vereins unter Leitung von Michael Millard spielte neben Brittens Werk auch Klangbeispiele aus Sergei Prokofjews »Peter und der Wolf« und die Zugabe »Fluch der Karibik« von Hans Zimmer. Das Orchester besteht aus Berufsmusikern, von denen etliche an der städtischen Musikschule unterrichten. Mit Moderatorin Einspieler hatte der Veranstalter die richtige Wahl getroffen, um ein junges Publikum für Klassik zu gewinnen. Die gebürtige Italienerin ist seit über 20 Jahren Dramaturgin an der Oper Frankfurt am Main. Einspielers Aufgabe am Freitag in der Stadthalle war allerdings nicht einfach. Jeweils 1000 Schüler besuchten die zwei identischen Veranstaltungen. Da herrschte Leben im Saal und auch reger Ausflugsverkehr zu den Toiletten.

Trotzdem war die gespannte Aufmerksamkeit deutlich zu spüren, als die einzelnen Orchester-Instrumente vorgestellt wurden. Der englische Komponist Benjamin Britten, der vor etwa 100 Jahren zur Welt kam und »The Young Person‘s Guide to the Orchestra« 1945 komponierte, wäre zufrieden gewesen.

Die Mädchen und Jungen spitzten die Ohren, als beispielsweise die Querflöte die Melodie des Vögelchens in »Peter und der Wolf« trillerte. Jede Instrumentengruppe trug – von Aubi Großostheim gestiftete – T-Shirts in den gleichen Farben: Ockergelb die Holzbläser, Rot die Blechbläser, Weiß die Streicher samt Harfe, die ein Zupfinstrument ist, und Dunkelgrau die Schlagzeuger.

Lustige Einfälle

Mit lustigen Einfällen hielt die Moderatorin ihr Publikum, von dem der Großteil noch nie ein Klassik-Konzert besucht hatte, bei der Stange. Durchdringend laut ließ die Dramaturgin das Rohrblatt quietschen, das sie daheim in ihrer Küche aus einem echten Strohhalm zurechtgeschnitten hatte, wie sie erzählte. »Damit kann man die Eltern richtig gut quälen.« Bestimmt werden die Kids das so vorgestellte Oboen-Mundstück nicht vergessen.

Auch der Name Fagott, »der Opa der Holzbläser«, dürfte sich eingeprägt haben. Denn die Moderatorin betonte, dass die Mehrzahl eben nicht »Fagötter« sei. Beim tiefsten Orchesterinstrument, der Tuba, durfte um die Wette abgrundtief gebrummt werden. Das ging natürlich nur im Stehen.

Bewegte Aufmerksamkeit herrschte bei allen vorgestellten Blechbläsern. Die Kinder lernten auch einiges übers Zusammenspiel. Dass zum Beispiel nur der Dirigent sämtliche Noten vorliegen hat in seiner Partitur. »Da sind sogar die klitzekleinsten Klarinetten-Fitzelchen drin.«

Gut vorbereitet erklang schließlich Brittens Komposition in voller Schönheit. Das Motiv, entlehnt vom englischen Barock-Komponisten Henry Pucell, wurde vorgestellt. 13 Variationen für immer andere Instrumente schlossen sich an. Bei der Fuge am Schluss jagten sich die Instrumente, angefeuert von den Schlagzeugern. Begeistert klatschten, trampelten und pfiffen die Kids nach einer Zugabe. Sie bekamen »Fluch der Karibik« in einer brillanten Orchesterversion, die das Gelernte bestätigte.
Hintergrund: Stimmen zum Benjamin-Britten-Schülerkonzert

»Überhaupt nicht langweilig«

Lisa Gerlach (11) aus Aschaffenburg: »Mir hat das Konzert eigentlich gut gefallen. Ein bisschen lang war es vielleicht. Eine Lehrerin von uns war im Orchester, Izabella Mina. Sie spielt sehr schön Geige. Die Zugabe Fluch der Karibik war für mich am schönsten. Von den Instrumenten hat mir am besten das Schlagzeug gefallen. Ich habe vorher noch nie eine solche Musik gehört, also Klassik. Jetzt habe ich schon Lust darauf bekommen.«

Hannes Petersenn (10) aus Aschaffenburg: »Am besten war Fluch der Karibik, und das schönste Instrument war für mich die Geige. Ich spiele selbst E-Gitarre. Vorher habe ich noch nie klassische Musik gehört, nur Musik im Radio zum Chillen. Das Schülerkonzert war überhaupt nicht langweilig. Es wäre schön, wenn es so etwas nochmal geben würde.« (Text/Fotos: mel)

Zurück
Zurück

Die gen Himmel jauchzt!

Weiter
Weiter

Zwei Ukrainer spielen jetzt in Deutschland