»Die Unterstützung der Kultur ist sehr wichtig«


Anne Luisa Kramb und Alexander Wiegand: Die Geigerin und der Wika-Chef über Kultursponsoring und die Sommerkonzerte in Klingenberg

Main-Echo| ALEXANDER BRUCHLOS


KLINGENBERG. Anne Luisa Kramb ist eine vielbeschäftigte Violinistin. Das gemeinsame Interview mit Alexander Wiegand, Geschäftsführer des Klingenberger Unternehmens Wika, das aus Termingründen online erfolgt, führt die Violinistin im Zug. Gerade hat sie Kassel-Wilhelmshöhe passiert. Mit der Stradivari-Geige aus dem Besitz der Unternehmerfamilie Wiegand gestaltet sie mit dem Philharmonischen Orchester Aschaffenburg am Samstag, 6.Juli, das erste Lions-Club-Sommerkonzert mit Kompositionen von Sergej Prokoview und Wolfgang Amadeus Mozart. Im Interview sprechen Kramb und Wiegand über Kultur-Sponsoring und den einzigartigen Klang der Geige, die 1724, also vor genau 300 Jahren, von dem berühmten Instrumentenbauer Antonio Stradivari angefertigt wurde.

Herr Wiegand, was ist Ihre Motivation als Unternehmer, Konzerte wie das bevorstehende Sommerkonzert und Kultur generell zu unterstützen?

Alexander Wiegand: Das Veranstalten von Konzerten hat in unserer Familie Tradition, die ich weiterführe. Für mich ist es zudem eine Herzensangelegenheit. Klassische Musik ist eine der größten europäischen Kulturleistungen. Ich habe das Gefühl, dass das Interesse bei der jüngeren Generation leider etwas nachlässt. Das mag daran liegen, dass der Zugang zur Klassik nicht ganz einfach ist. Doch wenn man ihn einmal hat, ist das sehr bereichernd. Dass wir Anne Luisa die Stradivari-Geige aus Familienbesitz zur Verfügung stellten, hat auch mit Verantwortung zu tun, die man hat, wenn man ein solches Instrument erbt. Ich möchte, dass das Instrument ihr und dem Publikum zugute kommt.


Seit der Corona Zeit ist die öffentliche Hand gezwungen zu sparen. Das betrifft auch den Kultur-Bereich. Denken Sie, dass die Bedeutung von Kultur-Sponsoring künftig zunehmen wird?

Wiegand: Zunehmen würde ich nicht sagen. Die Unterstützung von Kultur in Deutschland befindet sich im weltweiten Vergleich nach wie vor auf hohem Niveau. Sowohl was die Unterstützung durch die öffentliche Hand anbelangt, als auch die private Seite. Ein Konzert, wie wir es jetzt auf die Beine stellen, wird man in einer eher ländlich geprägten Region wie der unserigen nicht so häufig finden.


Mit wie viel Geld unterstützt Wika die Musik?

Wiegand: Für Konzerte, die wir selber veranstalten, geben wir etwa 30.000 Euro jährlich aus. Weitere 20.000 Euro fließen in weitere Kulturveranstaltungen. So unterstützen wir beispielsweise die Aufführungen des Klingenberger Vereins Main-Musical.


Frau Kramb, Sie konzertieren in ganz Deutschland mit unterschiedlichen Ensembles. Haben Sie den Eindruck, dass Kultursponsoring zunimmt?

Anne Luisa Kramb: Ob die Bedeutung von privatem Sponsoring zunimmt oder zunehmen wird, kann ich nicht beantworten. Die Unterstützung von Musik, Kunst und Kultur ist aber generell sehr wichtig. Und es gibt ja auch den Bedarf: Ich freue mich beispielsweise sehr darüber, dass die Konzerte in der Berliner Philharmonie nach wie vor stets ausverkauft sind.


Wie ist das abseits der Großstädte? Denken Sie, dass das Konzept Sommerkonzerte Schule machen könnte?

Wiegand: Ich hoffe es. Die Idee ist es allerdings, die Konzerte jahreszeitlich eher etwas nach vorne zu rücken.


Frau Kramb, wie bereits erwähnt, spielen Sie seit einigen Jahren die Stradivari-Geige, die 1724, also vor genau 300 Jahren gebaut wurde, und die Ihnen die Familie Wiegand zur Verfügung gestellt hat. Hat das Instrument Ihr Spiel beeinflusst?

Kramb: Auf jeden Fall. Ich wäre nicht dort, wo ich heute bin, ohne diese Geige. Auf dieser Geige gibt es einfach keine Grenzen. Man kann damit machen, was man möchte.


Spielen Sie noch weitere Geigen?

Kramb: Nein, sie ist mein einziges Instrument.



Ist diese Geige für alle Musikepochen und -stile geeignet, beziehungsweise für Kammer- und Orchestermusik gleichermaßen?

Kramb: Ja, das ist sie. Sie ist voll im Klang aber nicht zu laut. Man kann sie auch in der Kammermusik so spielen, dass ihr Klang die anderen Instrumente nicht überdeckt.


Sie spielen bereits seit Jahren mit dem Philharmonischen Orchester Aschaffenburg. Was bedeutet die Vertrautheit mit einem solchen Ensemble?


Kramb: Einzelne Musiker kenne ich wirklich seit meiner frühen Kindheit. Diese Vertrautheit ist für mich wirklich sehr schön.


Das Prokofiew-Violinkonzert g-Moll op. 63 haben Sie ja bereits bei der Veranstaltung des Philharmonischen Vereins »Prokofiew kennenlernen« in Aschaffenburg gespielt...

Kramb: ...ich hatte das Konzert sogar schon im April für ein Konzert mit dem Philharmonischen Orchester Trier einstudiert. Ich bin ein großer Prokofiew-Fan und dieses Konzert macht mir sehr viel Spaß. Es hat einen sehr schönen ersten und einen tollen zweiten Satz und der dritte Satz geht einfach ab (lacht).


Alexander Wiegand: Hinzu kommt, dass es eines der schwersten Violinkonzerte überhaupt ist. Deshalb wird es auch selten gespielt. Jetzt bieten wir eine der seltenen Gelegenheiten, das Konzert live zu erleben.


Frau Kramb, wie ist das, wenn Sie Stücke mit verschiedenen Orchestern spielen. Unterscheiden sich die Interpretationen voneinander?

Kramb: Idealerweise sollte es das nicht tun. Bei Prokofiew kann das der Fall sein, weil etwa Instrumentengruppen wie die Bläser sehr viele Freiheiten haben. In meinem Fall gab es kaum Unterschiede zwischen den Aufführungen mit dem Philharmonischen Orchester Trier und dem Philharmonischen Orchester Aschaffenburg.


Gibt es eine Wunschkomposition, die Sie gerne spielen würden?

Kramb: Da gibt es noch einiges, auch im Kammermusik- und Orchester-Bereich. So habe ich in meinem Leben erst eine Mahler-Symphonie gespielt. Ich bin froh, dass es da noch so viel gibt. Es wäre furchtbar, wenn man keine Wünsche mehr hätte.


Gibt es einen Ratschlag, der für Sie als Musikerin besonders wichtig war?

Kramb: Es gibt viele kleine Ratschläge, die mir geholfen haben. Ich denke: Am wichtigsten ist es, herauszufinden, was einem am meisten Freude macht. Und dass man das, was man mit Freude macht, besonders gut macht.



Momentan dreht sich die Welt vor allem um Fußball. Verfolgen Sie auch die EM oder sind Sie abstinent?

Kramb: Wenn irgendwo ein Fernseher steht, etwa im Backstage-Bereich der Philharmonie, schau ich schon hin. In den Konzertpausen stehen da immer alle drumherum. Aber es ist nicht so, dass ich mich bewusst davorsetze. In Berlin ist ohnehin immer viel los.



Die Stradivari-Geige von Anne Luisa Kramb

Seit 2017 spielt Anne Luisa Kramb die 1724 gefertigte Stradivari-Geige aus dem Besitz der Unternehmerfamilie Wiegand. Alexander Wiegand, Geschäftsführer des weltweit agierenden Druck- und Messtechnikunternehmens Wika und Enkel des gleichnamigen Geschäftsgründers Alexander Wiegand, überreichte der jungen Musikerin das Instrument im Jahr 2017 als Dauerleihgabe.

»Antonius Stradivarius Cremonensis Faciebat Anno 1724« steht auf dem »Zettel« im Geigenkorpus. Antonio Giacomo Stradivari, der 1644 oder 1648 geboren wurde und 1737 in Cremona starb, gilt als der berühmteste Geigenbauer der Geschichte. »The Paganini, Bentinck, Stuck, Sandor Vegh« wird diese Geige genannt, nach vier von insgesamt 14 lückenlos nachgewiesenen Besitzern des Instruments seit 1724.

1993 hatte Alexander Wiegands Mutter Ursula Wiegand das Instrument erworben. Vorbesitzer war der Geiger und Dirigent Sándor Végh.

Vor dem Erwerb war die Geige von Julia Becker – Konzertmeisterin des Tonhalle Orchesters Zürich – gespielt worden, die auch häufig bei Konzerten aufgetreten ist, die von der Familie Wiegand organisiert worden waren. (hlin/ab)




Das Sommerkonzert und Anne Luisa Kramb

Das Konzert des Philharmonischen Orchesters Aschaffenburg mit Solistin Anne Luisa Kramb am Samstag, 6. Juli, um 17 Uhr ist das erste Sommerkonzert im Wika-Foyer. Präsentiert wird das Konzert von den Lions Clubs Amorbach Miltenberg, Aschaffenburg Alzenau und Obernburg Main Spessart.

Alexander Wiegand, Geschäftsführender Gesellschafter von Wika und Fördermitglied des Philharmonischen Vereins Aschaffenburg, stellt dem Philharmonischen Orchester Aschaffenburg das Foyer seines Unternehmens seit längerem auch als Probenraum zur Verfügung. In dem Raum finden laut dem Vorsitzenden Philharmonischen Vereins Carsten Schumacher mehr als 600 Gästen Platz. Bei Konzerten wird ein erhöhtes Podium errichtet. Beim Auftakt der Sommerkonzert-Reihe am Samstag, 6. Juli, erklingen Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonie Nr. 41, die so genannte Jupiter-Sinfonie, und Sergej Prokofjews Violinkonzert Nr. 2. Veranstaltungsort ist das Wika-Foyer, Alexander-Wiegand-Straße 30, in Klingenberg. Parkmöglichkeiten gibt es im Parkhaus gegenüber dem Konzertsaal. Im Anschluss an das Konzert ist eine Autogrammstunde mit Anne Luisa Kramb vorgesehen.

Das Sommerkonzert soll zukünftig jährlich stattfinden und die Weiterentwicklung des Philharmonischen Orchesters unterstützen.

Solistin Anne Luisa Kramb, 2000 in Aschaffenburg geboren und in Erlenbach aufgewachsen, hat bis 2024 in der Violinklasse von Antje Weithaas an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin studiert. Zuvor studierte sie unter anderem an der Kronberg Academy. Aktuell ist sie Akademistin der Berliner Philharmoniker.

Ihr Debut-Album »in:cantando« erschien im Oktober 2023 beim Label Genuin classics. Im Sommer 2022 wurde die Violinistin mit dem Preis des Deutschen Musikwettbewerbs ausgezeichnet. Anne Luisa Kramb konzertierte unter anderem mit dem Ukrainischen Staatsorchester, dem MDR Sinfonieorchester, dem Stuttgarter Kammerorchester, dem Göttinger Sinfonieorchester, der Staatskapelle Weimar und bei internationalen Festivals. Sie trat als Solistin und Kammermusikerin in der Philharmonie Berlin, der Philharmonie Kyiv, der Philharmonie Essen, der Carnegie Hall New York sowie der Elbphilharmonie Hamburg und in der Alten Oper Frankfurt auf. (ab)

bWeitere Infos: www.philharmonischer-verein.com, Tickets unter Tel. 69 902839 86 und reservix.de

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Violinistin Kramb verzaubert Publikum