Konzert: Anne Luisa Kramb und Philharmonisches Orchester Aschaffenburg entfachen in Trennfurt Jubelstürme
Main-Echo | HEINZ LINDUSCHKA
KLINGENBERG-TRENNFURT. Das war tatsächlich eine Sternstunde klassischer Musik im hellen, eleganten Konzertsaal der Wika in Trennfurt am frühen Samstagabend. Der Beweis: Die gespannte Konzentration der 600 Zuhörer und ihr Begeisterungssturm am Ende des Konzerts. Das Philharmonische Orchester Aschaffenburg hatte unter der präzisen, uneitlen Leitung von Michael Millard in perfektem Zusammenspiel mit der Solistin Anne Luisa Kramb und ihrer Stradivari 1724 »Paganini« eine brillante Leistung geboten, die Kramb nach vier »Vorhängen« mit einem ruhigen, harmonischen Bach-Violinsolo abrundete.
Zugleich galt der euphorische Beifall auch dem Sponsor Alexander Wiegand, der Kramb vor sechs Jahren die Geige als Leihgabe zur Verfügung stellte und nun plant, jährlich ein Sommerkonzert in Trennfurt zu veranstalten. Die »Premiere« bot jedenfalls schon von der Musik und vom Ambiente her den idealen Start in eine hoffentlich lange Tradition und war zugleich ein Geschenk an anspruchsvolle und begeisterungsfähige Musikliebhaber – nicht nur aus der Region. Wichtig war die Unterstützung durch die Lionsclubs Amorbach-Miltenberg, Aschaffenburg-Alzenau und Obernburg-Main-Spessart.
Mit rund 40 exzellenten Musikerinnen und Musikern bewies das Aschaffenburger Orchester in leicht reduzierter Besetzung seine Qualität auf Profiniveau im besten Sinn: mit großer Präzision der Einsätze, mit harmonisch-geschlossenem Ensembleklang bei gleichzeitig hörbarer Transparenz der Interpretation und mit nahtlosen Dynamikwechseln. Warum Mozarts letzte Sinfonie aus dem Jahr 1788 schon früh den Namen »Jupitersinfonie« bekam und sie ein Kritiker in den 50er-Jahren als »Triumphgesang kraftbewusster Herrlichkeit« rühmte, ließ schon das Allegro vivace ahnen. Das wurde im abschließenden Molto-Allegro-Satz eindrucksvoll bestätigt – ein Finale als Mischung aus höchster Komplexität und transparenter Homophonie. Manchen mögen die abschließenden C-Dur-Fanfaren an Klänge aus Mozarts »Zauberflöte« erinnert haben – schon der Pausenbeifall war jedenfalls euphorisch.
So schön dieser erste Teil war, die zweite Station der Musikreise dürfte für viele Zuhörer noch faszinierender gewesen sein. 150 Jahre später, 1935, folgte in Madrid die Uraufführung des 2. Violinkonzerts von Sergej Prokofjew, der vom 2. Vorsitzenden des Orchestervereins als »Kosmopolit« bezeichnet worden war im Kontrast zum »Popstar« Mozart. Das Konzert stellt vor allem an den Solopart höchste Anforderungen, verlangt aber auch dem Orchester große Präzision, Konzentration und Dynamikvariationen ab. Es gibt kaum herausragende Geigenvirtuosen, die dieses Konzert nicht gespielt haben.
Herausragende Fähigkeiten
In Trennfurt bewies die 24-jährige Anne Luisa Kramb, dass sie sich vor solchen Vergleichen nicht fürchten muss mit ihren herausragenden technischen und interpretatorischen Fähigkeiten. Der Jubel der Zuhörer hatte ein Ausmaß, das sonst nur bei Pop- und Rockkonzerten zu hören ist. Krambs Zusammenspiel mit dem Orchester unter Millards sensibler und doch fester Leitung war perfekt und zeigte erneut die Qualität der Stradivari in der Hand einer virtuosen Könnerin. Von der Intonation des russisch klingenden Hauptthemas im ersten Satz über den berührenden Gesang des Soloinstruments im Andante assai, der im Zusammenspiel mit dem Orchester in spürbare Erhabenheit mündet, bis zur leichten Disharmonie des dritten Satzes, der auch mit seiner Atemlosigkeit die schwierige Lage des Komponisten in der Stalinzeit ahnen lässt und Moderne im besten Sinn spiegelt: Es war ein Musikerlebnis, das Solistin und Orchester den 600 Zuhörern boten, die verzückt und mit strahlenden Gesichtern den Heimweg antraten und sich gerne von Anne Luisa Kramb ihre CD signieren ließen. Alles in allem: Eine Premiere vom Feinsten und ein wunderschönes Versprechen für die Zukunft.