»Wir brauchen klangliche Herausforderungen – für Orchester und Publikum«

Michael Millard und Thomas Stollberger: Der Dirigent des Philharmonischen Orchesters und der Leiter des Opernstudios zu den Hürden und Chancen der Kooperation

BETTINA KNELLER - MainEcho

FRANKFURT. Seit 2012 gibt es die Zusammenarbeit zwischen dem Philharmonischen Verein und dem Opernstudio. Künstlerisch eine fruchtbare Verbindung. Den Ton im Opernstudio gibt Leiter Thomas Stollberger an. Das Philharmonische Orchester Aschaffenburg wird dirigiert von Michael Millard. Wir haben die beiden Künstler dazu gefragt.

Wie finden Sie Ihre Sänger für das Opernstudio?

Stollberger: Wir schreiben die sechs Stellen offiziell aus, noch mehr Erfolg haben wir über Wettbewerbe und Vorsingen mit Bernd Loebe in der Jury . Es bewerben sich pro Jahr hunderte Sänger auf die sechs Stellen. Bernd Loebe ist zudem bekannt dafür, immer wieder junge Stimmen zu entdecken. Darüber sind wir auch schon an das eine oder andere Talent gelangt. Wir suchen international. Ein Tenor sitzt aktuell in Mexiko und wartet darauf, dass er Spanier wird, damit er bei uns arbeiten kann.


Ist es schwer, an Nachwuchs zu kommen?

Stollberger: Es hat sich nicht verändert, an Nachwuchs zu kommen. Es ist genauso schwer wie noch vor Jahren. Aber der Anspruch, die Qualität des Opernstudios ist stetig gestiegen. Es ist nicht mehr so verkrampft, die Leute zu finden, weil man auch ein gewisses Image hat. Was niemand in der Branche gut getan hat, war Corona. Da entdeckt man viele Lücken in den Lebensläufen der Sänger, die in der Zeit einfach nicht auftreten konnten.

Millard: Die guten Stimmen werden von den Theatern sofort gebunden – und die Sänger nehmen das gerne an, weil sie dort durch einen festen Vertrag mehr verdienen. Das macht es dem Opernstudio nicht immer leicht.


Was ist im Opernstudio anders als im regulären künstlerischen Betrieb eines großen Opernhauses?

Stollberger: Das Opernstudio bietet Möglichkeiten, in Ruhe zu wachsen und die Stimme zu entwickeln. Die Sänger bekommen mehr Zeit, um Rollen einstudieren zu können. Sie müssen aber auch lernen, mit Druck und Tempo in einer Produktion umzugehen. Und da bietet das Opernstudio einen geschützten Rahmen dafür. Da muss man sie heranführen und auch mental zu unterstützen. Und wenn es zu viel ist, kann man gegensteuern. Man will ja die jungen Stimmen nicht kaputtmachen. Die jungen Sänger kommen über das Opernstudio in den Arbeitsalltag hinein. Und singen nicht nur die kleinen Rollen, sondern auch große. Hyoyoung Kim hat beispielsweise die Pamina gesungen in der Premiere der Zauberflöte kürzlich.

Was sind die Herausforderungen beim Konzert?

Millard: Wir haben immer ein Thema bei Champagner Musicale. Dieses Mal Märchen und Mythen. Zunächst gehen wir auf die Suche nach geeigneten Kompostionen . Zu den Stimmen der Sänger, müssen die Kompositionen auch passen. Gleichzeitig muss es auch ansprechend für das Publikum sein. Es muss aber auch das Orchester qualitativ weiterbringen. Es ist ein ständiges Abwägen. Viele Dinge müssen da in Einklang gebracht werden. Das Format soll ja locker und leicht sein. Soll aber auch die Entwicklung der Klangwelten schlüssig darlegen. Dvoraks sinfonische Dichtungen basieren beispielsweise viel auf Märchen, aber die dauern alle über 25 Minuten. Damit viel zu lang für unser Programm. Eigentlich schade, weil es tolle Stücke sind.


Auf was kann sich das Publikum freuen?

Millard: Auf eine interessante Reise durch die Märchenwelten der Musik. Allein Aschenputtel kommt drei Mal vor. Von Rossini, dann von Prokofjew und schließlich als das Musical Cinderella.


Was ist Ihre Vision? Wo geht die Zusammenarbeit noch hin?

Millard: Wir wollen das Philharmonische Orchester weiterentwickeln und formen. Deswegen brauchen wir auch klangliche Herausforderungen. Vorbereitung ist alles. Das vermittele ich dem Orchester. Auf den Punkt die Höchstleistung abrufen können. Das wird das Publikum auch hören. Die Musiker müssen flexibel bleiben im Spielen. Da sind die Polowetzer Tänze von Dvorak ein gutes Beispiel dafür. Das wäre in der alten Besetzung nicht so gut möglich gewesen.


Stollberger: Daran sieht man auch, wie sich die Qualität des Orchesters gesteigert hat über die Jahre. Ich bin seit 14 Jahren dabei, ich kann mich noch an die Anfänge erinnern, wo wir uns durch die Proben gekämpft haben. Jetzt können wir uns beruhigt darauf einlassen. Es ist eine Verlässlichkeit da.


Die Verbindung nach Aschaffenburg sehe ich sehr positiv. Für meine Sänger ist es eine Möglichkeit, mehr Routine zu entwickeln. Unser Opernorchester ist so durchgetaktet, das bekomme ich im Jahr vielleicht für eine Stunde exklusiv. Das Philharmonische Orchester aber habe ich für eine ganze Produktion.

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Perfekt-prickelnder Abend mit »Märchen und Mythen«

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News Februar 2023